In einigen Gemeinden des Kantons Appenzell Ausserrhoden wird die Jahreswende zweimal gefeiert. Einmal am 31. Dezember (nach dem gregorianischen Kalender) und einmal am 13. Januar (nach dem julianischen Kalender).
Fällt der 13. Januar auf einen Sonntag, so wird der Brauch um einen Tag vorverlegt. (Bilder vergrössern = anklicken)
Jodeln, frühmorgens in Urnäsch. Bei eisigen Temperaturen.
Zäuerli = wortloser Appenzeller Jodel
Andächtiges Zuhören. Die Zäuerli wecken Gefühle und nicht selten fliessen Tränen. Der Besuch eines Schuppels gilt als Ehre.
Die schwere Glocke ist auch ein Musikinstrument. Damit wird ohrenbetäubend gelärmt.
Heisses »mit Schuss« gegen die Kälte – aus logistischen Gründen mit dem Röhrli.
Die Silvesterkläuse ziehen in kleinen Gruppen (Schuppeln) von Haus zu Haus. Singend, schellend und ein gutes neues Jahr wünschend. Bei jedem Wetter.
Neuer Hof, neue Glückwünsche. Die Hofbesitzer freuen sich, bereiten einen Znüni vor für die lärmenden und singenden Silvesterchläuse.
»Ein Schuppel besteht aus sechs Silvesterchläusen: Zwei Silvesterchläuse tragen Frauenkleidung und tragen mehrere Rollen (Schellen) und werden Rollewiiber oder Rolli genannt. Der Silvesterklaus, der den Schuppel anführt, wird Vorrolli genannt und hat eine weisse Blume im Mund, der Nachrolli heisst Noerolli, er hat eine blaue Blume im Mund. Diejenigen Silvesterkläuse, die eine oder zwei Schellen auf Brust und Rücken tragen, werden Mannevölcher, Schelli oder Schellenchlaus genannt. Das ganze Kostüm heisst Groscht. Den Rundgang, den jeder Schuppel im Voraus plant, wird Schtrech genannt.«
(Appenzell Tourismus)
Die schwer beladenen Silvesterchläuse legen an diesem Tag bis zu 20 Kilometer zurück.
Mittwochs.ch-Bloggerinnen im wilden Schneetreiben
Links auf dem Bild: Franziska Hidber, fotografiert von Indra Joshi
Zigi anzünden mit Maske hat so seine Tücken: Indra Joshi, hier fotografiert von Franziska Hidber, springt selbstlos in die Bresche.
Auf dem Höfen erhalten die Kläuse einen Batzen und sie werden verköstigt. Entweder im Haus, wo sie die schweren Masken ablegen können, oder draussen.
Unter den Masken und Kostümen sind ausschliesslich Männer zu finden, was die Toilettenfrage enorm vereinfacht. Aber nicht für die Fotografinnen.
»Schö-Wüeschti«, die Kostümierung besteht aus Tannenreisig, Moos und anderen Naturmaterialien.
Jodeln vor dem Hof. Und dann gehts weiter. Durch die schneeverzierte Landschaft.
Die Chläuse tragen bis zu dreissig Kilogramm mit sich herum.
Die ganz schönen »Schönen« sind an diesem Tag nicht unterwegs. Die aufwändigen Kostüme und Hauben der schönen Chläuse (Bühnen mit geschnitzten Tieren, Landschaften und Häuser) würden bei Nässe zu sehr leiden. Deshalb tragen die Chläuse bei Regen und Schneefall das wetterfeste Outfit.
Das waren die letztjährigen Bilder im Schnee.
Dann haben wir gesucht und gefunden. Fotos von 2010. Bei besserem Wetter waren auch die »Schöne« unterwegs.
Alt-Bundesrat (damals noch Bundesrat) Hans-Rudolf Merz ist mittendrin und voll dabei. Vor seinem Haus bewirtet er ein paar »Wüeschti«
Diese »Wüeschte« hier sind so richtig wüescht. Zum fürchten.
Und das sind die Bühnen, die auf dem Kopf getragen werden.
Ein eindrücklicher Anlass!
Fotos: Karin Aeschlimann, Franziska Hidber und Indra Joshi
Franziska und Indra waren letztes Jahr mit der Fotoschule von Marcel Grubenmann unterwegs. Er organisiert coole und heisse Fotoevents sowie Fotomodule für jedes Level.
Mehr Fotos zum Silvesterchlausen 2016 sind unter www.noch-besser-fotografieren.biz zu finden unter »Vergangenes« (Startseite, nach unten scrollen). Marcel Grubenmann hat gemeinsam mit Lisa Tralci einen Bildband zum Thema Silvesterchlausen publiziert.
Silvester 2017
> Hier findest du Informationen zum diesjährigen Silvester am 13. Januar 2017 (PDF)
> Appenzellerland Tourismus
Wir wünschen dir schon jetzt »En guete Rutsch«!
Sehr interessante und informative Reportage. DANKE!
Vielen Dank für das Kompliment Marlies! 🙂
Habe ich noch nie live gesehen. Tolle Fotos!
Danke für das Kompliment 🙂
Danke für das feine Feedback!
Dass mit den Rollen und Schellen “ohrenbetäubend gelärmt” werde, müsste eigentlich ein Regionsverbot während den beiden Silvestertagen nach sich ziehen. Das ist für uns die schönste Musik!
Das denke ich mir, lieber Markus. Wie würden denn Einheimische den “ohrenbetäubenden Lärm” bezeichnen? So, dass die Bezeichnung wie schönste Musik rüberkommt?
Da bin ich nicht ganz sicher. Ich hätte mal auf “rolle” getippt. Ich bin halt nicht ein waschechter Appenzeller, doch imm noch ein halber Tössemer 😉
🙂
Schönste Musik – so hab ich das auch empfunden, gar nicht ohrenbetäubend. Und diese andächtige Stille, in die gezäuerlet wird – wunderbar und ergreifend.
Ein spannender Brauch und auch ein optischer Leckerbissen. So wie die üblichen rot-gelben Trachten. Ich war schon mehrmals im Appenzell und es gefällt mir immer wieder sehr gut.
Danke für die Rückmeldungen, die uns sehr freuen!